50 Jahre Lerchenrainschule: Ein Bericht aus der Gründungszeit

Ein ehemaliger Schüler berichtet

Gustav Eßlinger erzählte 1959: »Schon 50 Jahre soll es her sein, dass wir kleinen Heslacher Bürschle von dem alten Schulhaus in die neu erbaute Lerchenrainschule ins Eiernest hinüberwechselten? Man muss sagen, es ist am heutigen Bihlplatz viel ruhiger geworden. Der Platz vor dem alten Schulhaus hieß eigentlich immer noch der Kirchplatz, denn dort stand das alte Heslacher Kirchle, das erst 1888 abgerissen wurde. Später sagte man ‚Ochsenplatz‘, der Wirtschaft ‚Zum Ochsen‘ zuliebe, und vor zwanzig Jahren wurde er in Bihlplatz umbenannt, obwohl der Baurat Big einer der Größen von Heslach, dort am wenigsten gewirkt hat. Wir sollten also Abschied nehmen von dem lieben, alten Schulhaus, vor dem im Herbst die Bauern vom Gäu ihre schönen Luikenäpfel feilboten, der Küfer Hechinger und andere Mostobst verkauften, wo alle die Fuhrleute und Boten ihre schweren Wagen abstellten?

Nun also packte man den Schulranzen, frohgemut und ohne Autogefahr ging’s durch die Burgstallstraße, an Groß und Fröhlich vorbei, wo der Nesenbach noch sichtbar war, hinauf durch die Kuhgasse, der heutigen Hahnstraße, über die Böhmisreute in die Kelterstraße. Viele Staffeln mussten wir steigen, bis wir in den großen Schulhof kamen. In der neuen Turnhalle, die im Fest- schmuck prangte, war eine Feier, bei der wir Reden anhören und Lieder singen mussten. Dann ging’s hinauf in das gekachelte Treppenhaus, in sonnige, helle Schulsäle, wir kamen uns vor wie in einem noblen Schloss! Sogar ein Brunnen mit grünen Wandplatten war da, im Klassenzimmer Handwaschbecken mit fließendem Wasser, und man brauchte nicht mehr über den Hof, wenn man aufs Klo musste, weil saubere Aborte mit Wasserspülung im Hause waren. Einfach wie im Märchen! Man musste natürlich hier mit sauber geputzten Schuhen antreten, was mir sehr schwer fiel. Heute hat keiner mehr eine Ahnung, was man früher alles tun musste, bevor es in die Schule ging. Einer musste die Geißen melken, einer ausmisten, einer die Staffel kehren, einer Salat waschen, den der Vater vom Wengert geholt hatte und den die Mutter vor dem Haus ver- kaufte. Und im Sommer war man um 6 Uhr schon auf dem Stuttgarter Großmarkt mit einem Wägele voll Stachelbeeren und Träuble, mit Renekloden, Zwetschgen und Birnen. Man musste sich ordentlich ins Zeug legen, wenn man noch rechtzeitig zur Schule kommen wollte.

Nun gab’s in dem großen Gebäude alle Sorten von Schülern. Im rechten Flügel waren die Buben, im linken die Protestanten. Im obersten Stockwerk war die Hautevolée, die Mittelschule mit ihrem Rektor Seytter. – Allerdings waren die Heslacher Bürger nicht alle zufrieden mit dem neuen Schulhaus. Es kostet zu viel Geld, war die Meinung der Stammtischbürger beim Stadtrat Lutz in seiner Weinstube. Warum muss der Bonatz auch die Schule so hoch auf den Berg hinaufbauen? Hätte er sie unten an der Straße gebaut, hätte sie viel weniger gekostet, und die Pferde hätte man nicht den Berg hinauf schinden müssen!«

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner